Ein wesentlicher Schritt in der
physischen Welt ist das Erlangen eines umfangreichen Systemverständnisses. Hierfür werden Vorort-Begehungen der Anlagen beim Projektpartner Pinter Guss durchgeführt. Dabei steht die Aluminium-Kokillenguss-Prozesskette im Vordergrund. Basierend darauf können ReGAIN-Services, die an verschiedenen Schritten der Gießereiprozesskette zum Einsatz kommen, definiert werden. Zur Sicherstellung eines menschenzentrierten Ansatzes wird die User-Story-Methode angewendet. Diese soll dabei unterstützen, die Anforderungen der verschiedenen Stakeholder (z.B. Produktionsplanung, Qualitäts- und Energiemanagement) zu berücksichtigen.
Der zweite Schritt umfasst die
Erfassung und Analyse von Daten. Dieser Prozess beginnt mit der Festlegung der Datenanforderung. TUBS IWF formuliert gemeinsam mit den Projektpartnern die genauen Datenanforderungen für die ReGAIN-Services. Dies umfasst die Spezifikation der zu sammelnden Datentypen, -formate und -frequenzen für Prozess-, Qualitäts- und Energiedaten. Die Projektpartner Pinter Guss und die Universität Kassel GTK führen die Datenerfassung durch. Um erste Erkenntnisse über die Daten zu bekommen, wird im Anschluss eine explorative Datenanalyse seitesn IWF durchgeführt. Die Analyse dient dazu, die Datenstruktur zu erfassen, Fehler in den Daten zu erkennen und erste Erkenntnisse über Korrelationen zu gewinnen. Explorative Datenanalysen werden beispielsweise mittels statistischer Methoden und einfacher Algorithmen wie Clustering durchgeführt.
Der dritte Schritt in der
Cyber-Welt umfasst die Entwicklung der KI-Modelle sowie der Simulationen. In dieser Phase wird künstliche Intelligenz eingesetzt, um fortgeschrittene Modelle zu erstellen, die in der Lage sind, komplexe Datenmuster zu erkennen, zukünftige Entwicklungen vorherzusagen und fundierte Entscheidungen zu treffen. Dies beinhaltet den Einsatz von maschinellen Lernalgorithmen, neuronalen Netzwerken und Deep Learning Algorithmen zur Erstellung intelligenter Systeme. Die geplanten KI-Modelle für die Optimierung der Prozesskette sind:
- KI-Modell für die Vorhersage von Produktionsstillständen
- KI-Modell für die Steuerung des Impeller-Prozesses
- KI-Modell zur Vorhersage der Gussteilqualität
- KI-Modell für die Vorhersage der Schmelzezusammensetzung während Zulegierung, Veredelung und Kornfeinung.
Mithilfe der simulativen Ansätze soll der Einfluss verschiedener Systemkonfigurationen (z.B. Photovoltaik, zukünftige Produktionsanlagen) und Produktionssteuerungen in Anhängigkeit der Verfügbarkeit erneuerbarer Energien auf den gussteilspezifischen CO
2-Footprints untersucht werden. Hierbei werden auch Energieflexibilisierungsmaßnahmen (z.B. Verschieben von Produktionsstarts, Nutzung von Energiespeichern) betrachtet. Hierfür wird eine geeignete Simulation unter Verwendung verschiedener Simulationsparadigmen, insbesondere agentenbasiert und dynamisch, aufgebaut. Die Simulation erlaubt es unter Berücksichtigung von verschiedenen Szenarien das Systemverhalten zu untersuchen. In enger Abstimmung mit den Projektpartnern werden entsprechende Szenarien definiert.
Der vierte Schritt ist die Implementierung eines
Entscheidungsunterstützungssystems. Hierfür werden die sogenannten ReGAIN-Services entwickelt. Die Services werden aufbauend auf den Modellen der Cyber-Welt entwickelt und umfassen neben der reinen Modellierung ein Assistenzsystem für die Anwender. Die Assistenzsysteme dienen dazu, verschiedene Stakeholder wie beispielsweise die Werker bei der Überwachung und Planung der Produktionssysteme zu unterstützen und die Ergebnisse der Modellierungen einfach, visuell darzustellen. Für die Entwicklung der Assistenzsysteme werden Methoden des maschinellen Lernens verwendet.
Ergebnis:
Im Teilprojekt werden die Entwicklung verschiedener KI-Services angestrebt, welcher die Prozesskette digitalisieren und zwei Funktionen erfüllt. Die erste Funktion ist die echtzeitfähige Entscheidungsunterstützung. Die zweite Funktion ist die Herleitung von Merkmalen für die Prozess- und Produktqualität zur Steuerung und Optimierung der Prozesskette. Die Modelle werden in ein demonstratives Assistenzsystem für eine Entscheidungsunterstützung der Stakeholder eingebettet. Darüber hinaus werden ebenfalls die Energiebedarfe sowie die Energieeffizienz der Prozesse betrachtet und bewertet. Mit Hilfe der Simulation ist eine Abschätzung und Analyse der Umweltwirkungen in Abhängigkeit von Prozessparametern und Einflussgrößen möglich. Das Modell wird zur Ableitung von Handlungsempfehlungen für den energieflexiblen Betrieb von Gießereien verwendet. Weiterhin sollen alternative Wärme- und Strompfade berücksichtigt und bewertet werden, um Handlungsempfehlungen abzuleiten. Ergebnis der Zusammenführung der beiden Ansätze ist die Entwicklung eines datengetriebenen multikriteriellen Services, welcher in der energetisch- als auch qualitätsoptimierten Prozessplanung bzw. -führung unterstützt und somit verschiedene Zielgrößen berücksichtigt.