Das übergeordnete Ziel des Prozessclusters ist es, die komplexen Produktionssysteme einer Nassgusssand-Maschinenformgießerei zu einem umfassend vernetzten Wertschöpfungssystem zu integrieren und mit der geschaffenen digitalen Transparenz neue digitale Fertigungskonzepte zu realisieren. Diese Technologien ermöglichen eine - gerade in diesem Produktionsumfeld nach wie vor problematische und aufwändige - effektive Verknüpfung von Prozessdaten mit Qualitätsdaten. Nur auf dieser Grundlage ist es möglich, die komplexen und multivariaten Wirkzusammenhänge zwischen den spezifischen Teilprozessen der Gesamtproduktion und der technologischen, wirtschaftlichen und ökologischen Performance der produzierten Gussteile mit Hilfe von datengestützter Prozessoptimierung und -visualisierung zu erschließen und nutzbar zu machen. In der Fertigungsumgebung einer Maschinenformgießerei sind es insbesondere die spezifischen Rahmenbedingungen der Form- und Kernproduktion für die die Entwicklung auf KI- und MachineLearning-Methoden basierenden Modelle zur Vorhersage der Kern- bzw. Formqualität einen ganz entscheidenden Innovationssprung ermöglicht. Die Ergebnisse derartiger Predictionsmethoden, werden in Form von eigens modellierten Assistenzsystemen die Produktion unterstützen. Diese datengestützten Assistenzsysteme bilden somit die Schnittstelle zwischen dem System „Prozess-Gussteil“ und den Prozessverantwortlichen.
Um die beschriebenen Ziele zu erreichen, werden folgende Schritte im Prozesscluster durchgeführt:
Ein wesentlicher Schritt ist das Erlangen eines zielsetzungsrelevanten Systemverständnisses. Dabei stehen die Teilprozesse Formstoffaufbereitung, Formen und Gießen sowie Kernfertigung im Focus der Arbeiten. Basierend darauf können ReGAIN-Services, die an verschiedenen Schritten der Gießereiprozesskette zum Einsatz kommen, definiert werden.
Die für Maschinenformguss im Nassgusssandverfahren notwendigen Teilprozesse sind vielfältig und untereinander komplex vernetzt. Der multivariate Einfluss dieser Prozesssituation auf die Gussteilqualität kann nur sehr begrenzt analysiert werden. Die konkrete und eindeutige Verbindung zwischen Qualitätsdaten, Teilprozess- und Gesamtprozesseinstellungen ist nicht oder nur vergleichsweise ungenau gegeben.
Eine durchgehend digitalisierte Prozesskette der oben beschriebenen Teilprozesse kann nur dann erreicht werden, wenn intelligente Systeme zur vollständigen und eindeutigen Rückverfolgbarkeit und Zuordenbarkeit von Sandkernen, Sandform und Gussteilen sowie zur automatisierten Fehlererkennung entwickelt und miteinander verknüpft werden. Bei der Kerncodierung wird hierbei von jedem produzierten Sandkern über ein Oberflächenscanverfahren ein Fingerabdruck generiert, der dann mit den Daten aus seinem Herstellungsprozess verknüpft wird. Die Sandform wird durch ein eigens entwickeltes Roboterwerkzeug so markiert, dass an jedem produzierten Gussteil diese Markierung abgebildet, nach dem Ausformen des Gussteils ausgelesen und mit allen relevanten Daten der genannten Teilprozesse einschließlich der Kerndaten verknüpft werden kann. Schließlich wird eine auf bildanalytischen Methoden basierende Verfahrensweise zur objektiven und quantitativen Erfassung von Oberflächenungänzen entwickelt.
Die Präzision der Analyse der anliegenden Wirkzusammenhänge erfordert eine hohe Datendichte entlang der zu betrachtenden Prozesskette. Parallel zur Entwicklung der Rückverfolgungs- und Qualitätserfassungsmethoden erfolgt der Aufbau, die Verifizierung und Validierung der dafür notwendigen Infrastruktur zur Datenakquise. Auf der Grundlage der Analyse bestehender betrieblicher Datenstrukturen- und managementsysteme der Gießerei werden gemeinsam mit allen Projektpartnern des Clusters die genauen Datenanforderungen für die ReGAIN-Services definiert. Insbesondere müssen die genannten Teilprozesse ggf. mit geeigneter Sensorik nachgerüstet und bestehende Sensorik auf ihren Mehrwert für die zu erreichende Zielsetzung evaluiert werden. Die unmittelbar folgende kontinuierliche Erfassung der definierten Daten ermöglicht im Weiteren explorative Datenanalysen. Diese wiederum bilden die Grundlage für die Entwicklung der ReGAIN Services für das Produktionssystem Maschinenformguss.
Die Services bestehen neben dem gesamten Datenakquisitions- und managementsystemen aus Predictionsmodellen, die auf der Grundlage geeigneter Maschinellen Lernverfahren wie beispielsweise Neuronale Netzwerke oder Deep-Learning entwickelt werden. Auf Basis der Daten werden darauffolgend die KI-Modelle entwickelt. Die Prozessdaten werden verwendet, um maschinellen Lernalgorithmen, neuronalen Netzwerken und Deep Learning Algorithmen zur Erstellung intelligenter Systeme zu entwickeln. Die zu entwickelnden KI-Modelle sind:
Zusätzlich werden folgende Modelle für die vollständige Datenakquise benötigt:
Produktiv werden diese Modelle anschließend dann, wenn sie mit geeigneten mathematischen Optimierungsverfahren und Domänenwissen zu einem Entscheidungsunterstützungs- oder besser Assistenzsystem kombiniert werden. Die Assistenzsysteme dienen dazu, verschiedene Stakeholder wie beispielsweise Prozessingenieure oder aktive Prozessführer bei der Überwachung und Planung der Produktionssysteme zu unterstützen und die Ergebnisse der einfach, intuitiv und leicht verständlich darzustellen.
Als übergeordnetes Ziel wird angestrebt, die Modelle so zu kombinieren, dass eine multikriterielle Bewertung der Prozesse hinsichtlich einer prozessrelevanten und einer gussteilrelevanten Qualität möglich wird.
Die über das Assistenzsystem zu entwickelnde Steuermethoden werden dazu derart an die individuellen Randbedingungen in Gießereien angepasst, dass trotz der herrschenden Herausforderungen (Messungenauigkeiten, nicht online erfassbare Einflussparameter, nicht exakt quantifizierbare Zusammenhänge etc.) ein stabiler und robuster Prozess sichergestellt wird. Dies wird durch drei wesentliche Entwicklungssäulen erreicht:
Zur Erreichung der übergeordneten Ziele werden im Projekt (i) standardisierte Datenmodelle mit zugehörigen Schnittstellen für CATENA-X geschaffen, (ii) KI- und Simulationsansätze zur Optimierung multipler Zielgrößen für Gießereiprozesse und Produktionssysteme, insbesondere zur Steigerung der Resilienz und der Verbesserung des CO2-Footprint erarbeitet, und ein KI-App Ökosystem zur föderierten ML- und Datenanalytik entwickelt sowie (iii) die Ergebnisse in eine branchenweite und -übergreifende OPC UA Standardisierung und den Technologietransfer überführt. Zur Erreichung dieser Ziele werden folgende wissenschaftliche und technische Arbeitsziele im Prozesscluster verfolgt:
Teilziel des Vorhabens ist die Entwicklung einzelprozessspezifischer und prozessübergreifender KI- und Simulationsansätze, um multiple Zielgrößen zu optimieren und eine effektive Nutzung der gewonnenen Prozessdaten zu gewährleisten. Fokus liegt hier darauf, neben den ökonomischen und qualitativen Kriterien, für die Gestaltung und Optimierung von Prozessen ebenfalls die ökologische Perspektive in Richtung Ressourcen- und Energieeffizienz (z.B. CO2-Footprint) zu berücksichtigen. Durch die Optimierung der Zielgrößen können Prozesse, sowie die gesamte Prozesskette effizienter im Hinblick auf Prozessstabilität und Energie- und Ressourceneffizienz ausgelegt werden. Gleichzeitig ermöglichen die Ansätze eine flexible und resiliente Gestaltung und den Betrieb der Prozesse und Prozessketten. Die entwickelten Ansätze werden in Assistenzsysteme und App-Umgebungen eingegliedert, um eine barrierefreie Nutzung zu ermöglichen.
Das Ziel der im Prozesscluster Sandguss laufenden Aktivitäten ist es, den Bedarf an Effizienzsteigerung, Qualitätsverbesserung und Nachhaltigkeit in der Produktion von Gussteilen im Sandgussverfahren zu adressieren. Im Fokus stehen dabei aktuelle Defizite wie die unzureichende Rückverfolgbarkeit zielgrößenrelevanter Produktionsparameter aus bestehenden Anlagen und mobilen Messstellen, die fehlende datengetriebene Prozessoptimierung und die begrenzten digitalen Möglichkeiten zur Qualitätskontrolle. Im Rahmen dieser Zielsetzung werden Digitalisierungslösungen entwickelt und für die Implementierung in Gießereien in der Gießereiindustrie vorbereitet. Diese Technologien ermöglichen eine lückenlose Rückverfolgbarkeit, i.e. Zuordnung von Produktionsparametern durch Kennzeichnung und Rückverfolgung von Bauteil-, Sandform- und Kernparametern zu jedem Gussteil. Wesentliche Elemente des adressierten Produktionsprozesses sind Formstoffaufbereitung, maschineller Formprozess, Kernschießprozess sowie externe Einflüsse und zeitliche Faktoren. Parallel dazu werden Methoden zur digitalen optischen Erfassung von Rückverfolgungscodes auf Guss- wie auch auf Sandkernoberflächen sowie von qualitätsrelevanten Fehlern und Ungänzen auf Kern- und Gussoberflächen entwickelt. Die effektive Verknüpfung von Prozessdaten mit Qualitätsdaten erlaubt dann konsequenterweise eine datengetriebene Prozessoptimierung im Hinblick auf eine stabile und robuste Auslegung der angesprochenen Prozesse, die auch zukünftigen Anforderungen an Energie- und Ressourceneffizienz genügen.
Im Fokus der Projektarbeit des Clusters liegen die Prozesse der Formstoffaufbereitung, sowie der Form- und Kernherstellung. Hier wirken nach wie vor hochrelevante Einflussgrößen, deren komplexes Zusammenwirken in Bezug auf eine finale Gussteilqualität für die Erreichung der Projektziele nur unzureichend bekannt ist. Auf der Grundlage einer vollständigen Datenverfügbarkeit werden mittels Maschineller Lernverfahren digitale Prozessmodelle entwickelt, die Qualitätsprognosen zu Prozesszielgrößen und letztlich zu spezifischen gussteilbezogenen Qualitätsfeatures erlauben. Die Berechnung prognosebasierter Optimierungsmöglichkeiten und deren Verknüpfung mit verfügbarem Domänenwissen stellt mit der Entwicklung von präventiven Handlungsempfehlungen für das verantwortliche Maschinenpersonal zur Verfügung.
Die Ergebnisse richten sich an Gießereien, die Gussteile im Sandgussverfahren herstellen, einschließlich Aluminium-, Eisen- und Stahlgießereien, sowie an Unternehmen, die sich mit der Weiterentwicklung von Produktionsprozessen und Qualitätsmanagement im Allgemeinen beschäftigen. Die im Projekt entwickelten Methoden und Technologien werden so gestaltet, dass sie im Rahmen der Gießereifertigungstechnik übertragbar und verallgemeinerbar sind. Ein wichtiger Aspekt in diesem Zusammenhang ist die enge Zusammenarbeit der Projektpartner, die letztendlich sicher stellt, dass die entwickelten Lösungen den Anforderungen an Praxisnähe, Adaptierbarkeit und betrieblicher Nutzbarkeit genügen.
Leitung des Teilvorhabens:
Hochschule für angewandte Wissenschaften Kempten
Kooperationspartner: