Seit Beginn der Industrialisierung Deutschlands sind Gießereien ein Herzstück der deutschen Industrie. Durch ihre lange Geschichte und Tradition sind viele Gießereien generisch gewachsen und verfügen über Maschinen mit unterschiedlichen Herstellerjahren, Kommunikationsschnittstellen und Datenerfassungssystemen. Diese Heterogenität sorgt für eine meist unterschiedlich umfangreiche Datenerfassung und Konnektivität der Maschinen und entspricht daher häufig einer klassischen Brownfield-Produktionsumgebung. Dabei ergibt sich aus der einheitlichen Erfassung und Verarbeitung von prozessrelevanten Daten oft ein erheblicher Mehrwert für die Gießereien, wobei vor allem der Druckguss durch seine Rahmenbedingungen, wie der hohe Grad an Automatisierung und die Dauerform, für eine automatisierte Datenerfassung und -auswertung prädestiniert ist. Dem Einsatz von Methoden aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) sollte hierbei besonders Beachtung geschenkt werden. So können in ihrem Teilbereich, dem maschinellen Lernens (ML), Algorithmen genutzt werden, um aus den erfassten Daten Prozesswissen zu gewinnen. Dieses kann im Folgenden zur kontinuierlichen Verbesserung der Bauteilqualität genutzt werden oder um digital qualitätssichernde Maßnahmen, welche Ausschuss echtzeitnah prognostizieren und Folgekosten dadurch minimieren können, zu erzeugen. Darüber hinaus können ML-Modelle entwickelt werden, um Statusangaben zu den Peripheriegeräten zu treffen und um Trendverläufe im Prozess, bis hin zu Fehlerzuständen bei der Anlagentechnik bereits in ihrer Entstehung zu erkennen.
Für dieses Vorhaben wird in enger Zusammenarbeit mit der Wollin GmbH ein Versuchsaufbau, einschließlich Forschungswerkzeug in Kooperation mit AWEBA, konzipiert, mit dem eine KI-Modellentwicklung für den Trennstoffauftrag im Druckguss ermöglicht werden soll. Anhand der daraus gewonnen Informationen soll ein zweites Modell, basierend auf dem Modell für das Sprühen, die Prozesssicherheit der Entformung der Bauteile gewährleisten. Hierfür werden anhand von zusätzlich ermittelten Sensordaten, wie bspw. Auswerferkräften, bauteilspezifische Prognosen erzeugt, welche helfen sollen den Prozess zu optimieren. Des Weiteren soll mittels einer Kombination aus numerischer Simulation und künstlicher Intelligenz der Umfang der von der Maschine bereitgestellten Daten minimiert und ein möglichst generisches ML-Modell ermöglicht werden, welches nach einer kurzen Anlernphase auf jeder Druckgussmaschine einsatzfähig sein soll, sofern die benötigten Prozessdaten vorliegen. Nach Abschluss der Erprobung in der Forschungsgießerei des ifs im Leichtmetallzentrum Soltau, sollen die genannten Modelle in einer Beta-Phase in einem realen Produktionsumfeld bei der G.A. Röders GmbH & Co. KG validiert werden. Sobald die Validierung zu befriedigenden Ergebnissen führt sollen die beiden Modelle zu einem cloudbasierten Gesamtsystem kombiniert werden, auf welches über die mit der BREOS GmbH entwickelte BREOS CORE Plattform Gießereien zugreifen können.
Die Resultate aus diesem Teilprojekt sollen unter anderem ein KI-gestütztes System für den Druckguss-Prozessschritt des Sprühens umfassen. Dieses System soll in der Lage sein, anhand von Temperaturverteilungen und dem Temperaturhaushalt der Druckgussform flexibel die Sprühmenge für einzelne Bereiche anzupassen. Dementsprechend kann mithilfe dieses Modells auf dynamische Prozessschwankungen reagiert werden und so beispielsweise die Formoberflächentemperatur gebietsweise durch Sprühen geregelt und die Resilienz des Gesamtprozesses mittels digitaler Prozessabbildung erhöht werden. Auch die Ausschussraten sollen in Kombination mit dem anderen KI-Modell für die Entformung signifikant verbessert werden, um so einen Beitrag zur Effizienz und damit Wirtschaftlich- und Nachhaltigkeit des Prozesses zu leisten. Durch die Eingliederung des Systems in eine Cloudplattform soll der Zugang für Gießereien erleichtert werden und die Anwendung möglichst Hardware unabhängig gestaltet sein. Ein zusätzlicher Vorteil besteht darin, dass eine Visualisierung der Ergebnisse in ein solches System eingegliedert und dadurch die Zugänglichkeit und die Interpretation der modellierten Systemergebnisse eines jeden Anwenders verbessert werden kann.
Leitung des Teilvorhabens:
TU Braunschweig / Institut für Füge- und Schweißtechnik
Kooperationspartner:
Assoziierter Partner:
Ansprechpartner:
Herr Jan Nordmeier
E-Mail: